Prof. Dr. Dieter Röß - Workshop für Firmengründer WS 95/96
Jeder wird einsehen, daß man Geld mit 2 Voraussetzungen ausleiht:
Der Zinsfuß Z (der jährlich als Verzinsung bezahlte Prozentsatz des Darlehens) setzt sich aus drei Komponenten zusammen
Z = z + i + r
z ist der eigentliche Zinsfuß, den ich erwarte, wenn der später an mich zurückbezahlte Betrag genau so viel wert ist, wie der von mir heute hergegebene.
z ist eine Prämie, die ich für den Verzicht darauf erwarte, daß ich in der verabredeten Zeit mein eigenes Geld nicht nutzen kann (ich könnte mir z.B. mit dem Geld antiken Schmuck kaufen und mich an ihm erfreuen, mit der begründeten Erwartung, daß ich ihn später wieder zum gleichen Preis verkaufen kann, also durch die Nutzung keinen Wertverzehr des Geldbetrags verursache).
Wegen der Inflation wird das rückgezahlte Darlehen weniger wert sein als das von mir hergegebene. Infolgedessen wird die Inflationsrate i zu einem Teil des Zinsfußes.
Zusätzlich besteht das Risiko, daß der Darlehensnehmer mir den Betrag gar nicht mehr zurückbezahlt, sondern bankrott geht oder mit dem Geld in Südamerika verschwindet. Diese Gefahr der Nichtrückzahlung wird im Zinsfuß mit einer Risikoprämie r berücksichtigt.
Nun wird der Zinsfuß in Wirklichkeit nicht in einer so rationalen Weise von irgend jemand festgelegt, sondern er ergibt sich an der Geldbörse täglich aus dem Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage. Da aber Geldgeber rational denkende Menschen sind (mit Ausnahme derjenigen, die ihr Geld auf ein Sparkonto legen oder auf einem Girokonto aufhäufen 1, so sind die obigen Argumente implizit in ihren Erwartungen verankert und man kann den Zins daher, von Ausnahmesituationen abgesehen, ganz gut so erklären. Die Inflationsrate schwankte in der BRD in den letzten Jahren zwischen 3 und 6,5 % 2. Im gleichen Zeitraum lag der Zinsfuß für praktisch risikolose, kurzfristige Anlagen (die jederzeit oder in einem Jahr aufgelöst werden können), wie Festgelder oder Bundesanleihen, bei 5 bis 9%.
Das heißt, daß die eigentliche Zinsprämie z mit rund 2-3% erstaunlich niedrig ist und auch relativ konstant bleibt.
Es wird jetzt wohl einleuchten, daß in Ländern mit hoher Inflationsrate zum Teil horrende Zinsfüße zur Anwendung kommen und daß dies auch gerechtfertigt ist.
Besteht die berechenbare Gefahr, daß von vielen gleichartigen Schuldner eines Darlehensgebers, wie einer Bank, 5% zahlungsunfähig werden, also das Darlehen an sie verloren geht, dann müssen alle Schuldner mit diesem Risiko eine Risikoprämie von 5% bezahlen, damit der zu erwartende Ausfallverlust damit ausgeglichen wird. Dies ist der Grund dafür, daß junge Unternehmen, die immer ein Ausfallrisiko mit sich bringen, zu einem Zeitpunkt etwa 13% zahlen müssen, an dem Siemens, deren Zahlungsunfähigkeit praktisch ausgeschlossen werden kann, 7% bezahlt.
Ein Risiko besteht auch, wenn man Geld langfristig ausleiht, nämlich, daß die Inflation wesentlich stärker wird, als man erwartete und als es sich dementsprechend in dem langfristig festgelegten Zinsfuß ausdrückt. Insofern sind im allgemeinen die Zinsen für Darlehen mit langer Laufzeit etwas höher (um ½ bis 1%) als für kurzfristige.
Da die Zinsen täglich am Markt festgestellt werden und dies unter Beteiligung von höchst informierten und interessierten Menschen auf beiden Seiten, kann man kategorisch sagen:
Es gibt keinen vorstellbare Möglichkeit durch Geldausleihen
bei gleichem Risiko
höhere Zinsen zu verdienen als die Marktzinsen.
Insofern kann man ohne Nachdenken schließen:
Wer bei vergleichbarem Risiko
höhere Zinsen als Marktzinsen anbietet,
ist ein Betrüger
(oder, was allerdings ganz unwahrscheinlich ist, ein Dummkopf)
Im folgenden sind einige betrügerische Spiele dargestellt, auf die auch intelligente Menschen hereinfallen und die zum Teil immer wieder einmal als Geschäft im großen Stil betrieben werden. Man lernt daraus, daß der Mensch auch relativ einfache Spiele (im Sinn der Spieltheorie) nicht ohne intensive Analyse durchschaut und daß Habgier blind und auch schnell bereit zu Mitbetrug macht.
Es handelt sich um Auszüge aus einer früheren Vorlesung über Spieltheorie und ich habe Sie Ihnen zum vergnüglichen Studium während der Weihnachtspause eingefügt.